Marga und Alfred Plessner

Die Familie Plessner lebte in der Mohrenstraße 9b. Dort befinden sich seit dem Jahr 2010 zwei Stolpersteine.

Alfred Plessner wurde in Coburg geboren und stammte aus einer damals bekannten Fabrikantenfamilie. Seine Frau Marga, geb. Lohde, kam aus Gerdauen/Ostpreußen.

Alfred Plessner arbeitete in der Korbwarenfabrik seines Vaters, die sich im Seifartshof 1 befand und die er später übernahm. Das Ehepaar hatten zwei Söhne: Horst und Wolfgang.

Nach den Erzählungen der Enkel (sie leben in den USA) war die Familie eher assimiliert. Sie zelebrierten zwar die jüdischen Feiertage, feierten aber durchaus auch die christlichen. Sie fühlten sich als Coburger und als gute Deutsche.

1939 wurde ein Gesetz erlassen, das es arischen Hausbesitzern erlaubte, die Mietverträge ihrer jüdischen Mieter fristlos zu kündigen. Im April 1939 musste das Ehepaar Plessner schweren Herzens ausziehen. Sie fanden Unterkunft im Haus der befreundeten jüdischen Familie von Dr. Emil Gutmann in der Mohrenstraße 32. Die Mohrenstraße war zu diesem Zeitpunkt allerdings schon umbenannt worden in Straße der SA.

Den beiden Söhnen Horst und Wolfgang Plessner war kurz zuvor die Flucht gelungen: Horst konnte gerade noch in die USA auswandern, Wolfgang floh auf einem Öltanker zunächst nach Guatemala, später in die USA.

Beide versuchten intensiv, die Eltern aus Deutschland herauszuholen, aber es gelang nicht.

Nach dem Tod von Dr. Alfred Masur im Februar 1941 übernahm Alfred Plessner den Vorsitz der inzwischen sehr klein gewordenen und zunehmend verzweifelten Israelitischen Kultusgemeinde in Coburg. Er versuchte zu retten, was nicht mehr zu retten war – darüber gibt es zahlreiche Belege. Zwei Beispiele:

Als mehr als ein Dutzend jüdischer Bewohner Coburgs als Zwangsarbeiter in die Porzellanfabrik Griesebach in Cortendorf bzw. zur Porzellanfabrik Creidlitz beordert werden (der Älteste unter ihnen ist bereits 73 Jahre alt), bittet Alfred Plessner den Oberbürgermeister bzw. die Abteilung Verwaltungspolizei um die Genehmigung „zum Verlassen des Stadtgebietes und die Nutzung der Eisenbahn nach Creidlitz“. Dies ist Juden zu dieser Zeit bereits grundsätzlich untersagt. Eine Sondergenehmigung wird in diesem Fall erteilt. (Quelle: StadtA CO, A 8521)

Im September 1941 fragt Alfred Plessner beim Oberbürgermeister an, ob und wie Friseurbesuche jüdischer Bewohnerinnen und Bewohner geregelt werden könnten. In Coburg werden sie nicht mehr bedient, in umliegende Ortschaften dürfen sie ohne Sondergenehmigung nicht mehr fahren. Vorübergehend werden Hausbesuche von örtlichen Friseuren zugestanden, jeweils montags am Vormittag. Die Friseurinnung verweigert jedoch die praktische Umsetzung und verweist u.a. auf Hygienevorschriften. Als letzten Ausweg fragt Alfred Plessner an, ob er sich selbst zum Friseur ausbilden lassen dürfte, um bei diesen Problemen Abhilfe zu schaffen. Vermutlich bekam er keine Antwort, denn das Gewerbeamt teilt am 2. Dezember 1941 mit: „Die Weiterbehandlung der Angelegenheit ist nicht mehr erforderlich, da in der Zwischenzeit der Abtransport der Juden auf Anordnung der Geheimen Staatspolizei nach Bamberg und Nürnberg erfolgt ist.“ (Quelle: StadtA CO, A 8521)

Alfred und Marga Plessner wurden am 27. November 1941 nach Riga deportiert.

Ihre Söhne haben überlebt, sie nannten sich später Howard und Walter Plessner. Beide haben erreicht, was der Rassenwahn der Nationalsozialisten verhindern wollte.
Sie lebten in Freiheit, haben geheiratet und Kinder bekommen. Es gibt also Enkel und inzwischen auch Urenkel und Ururenkel von Alfred und Marga Plessner. Fast zwanzig Nachkommen bezeichnen jetzt die USA als ihre Heimat.

Familie Plessner
Familie Plessner
Familie Plessner
Familie Plessner
Marga Plessner und Kinder
Marga Plessner und Kinder

Audio-Dateien:
Das Leben von Luise Plessner

Das Leben von Howard Plessner